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17. Mai 2019

Ein Areal verwandelt sich

Christopher Gilb, Zuger Zeitung

An der Lorze entsteht auf dem Areal der alten Papierfabrik ein komplett neues Quartier – je rund 1000 Wohnungen und Arbeitsplätze soll das Papieri-Areal dereinst bieten. Es wird die Gemeinde Cham in vielerlei Hinsicht verändern.

Papieri-Areal

Ein modernes Quartier, in dem gewohnt, gearbeitet und die Freizeit genossen werden kann. Das soll das Papieri dereinst werden. Visualisierung: Nightnurse Images

Die Zeit der klassischen Industriebetriebe im Kanton Zug ist vorbei. Arealentwicklung heisst heute das magische Wort. Geschaffen werden Orte, wo Firmen sich niederlassen und miteinander vernetzen können und gleichzeitig gelebt werden kann, und dies alles in einer guten Balance. Hohe Lebens- und Arbeitsqualität ist die Devise, und dies mit einer möglichst guten Energie­bilanz. Auf dem V-Zug-Areal an der Industriestrasse in Zug beispielsweise, in der Suurstoffi beim Bahnhof Rotkreuz und an der Lorze in Cham.

1657 wurde hier einst die Papiermühle an der Lorze gegründet. Mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1912 entwickelte sich die spätere Papierfabrik dann zum grössten Betrieb des Ennetseegebiets – mit vielen Fabrikbauten, Werkstattgebäuden und Wohnsiedlungen. Über 300 Personen waren zu dieser Zeit dort beschäftigt. Im Jahr 2015 endete diese Ära allerdings. Die Papierproduktion wurde komplett in die italienischen Werke des Unternehmens, das zwischenzeitlich Cham Papers Group hiess, verlagert. 2018 wurde diese Sparte dann komplett verkauft. Es begann das Zeitalter der Arealentwicklung. Bereits im März 2012 hatte die Cham Paper Group beim Chamer Gemeinderat dafür ein Gesuch zur Umzonung des rund 11 Hektaren grossen Fabrikareals eingereicht. Das Vorhaben stiess auf Unterstützung, und im Dezember 2012 stimmte auch die Bevölkerung der Kreditvorlage zu, jedoch unter der Auflage, dass ein breit abgestützter Mitwirkungsprozess stattfinden solle. «Dank diesem Mitwirkungsverfahren konnte eine Arealentwicklung entstehen, die von einer Mehrheit der Chamerinnen und Chamer getragen wird, und der Prozess hatte über die Gemeindegrenze hinaus eine hohe Ausstrahlungskraft», zeigt sich der Chamer Bauchef Rolf Ineichen erfreut. Und auch für die Gemeinde habe es Vorteile gegeben: «Die Landabtretungen im Bereich Teuflibach und Fabrikstrasse, die Bahngleise in Richtung Zentrum, die künftig als Langsamverkehrsweg ausgebaut werden, das Lagerhaus sowie die Verpflichtung für den Bau von 100 preisgünstigen Wohnungen», so Ineichen. Es war also wenig überraschend, dass die Stimmberechtigten 2016 sowohl die Teiländerung der Bauordnung und des Zonenplans als auch den Bebauungsplan mit Umweltverträglichkeitsbericht guthiessen.

Den Anfang macht ein Hochhaus

Etappenweise wird das Areal nun entwickelt. Entstehen werden unter anderem 1000 Wohnungen und gut 1000 Arbeitsplätze. Das Gesamtinvestitionsvolumen beträgt 700 Millionen Franken. Los geht es mit einem Hochhaus, das derzeit das Bewilligungsverfahren durchläuft. Neben Gewerberäumen im Erdgeschoss, die sich zur Strasse und auf den zentralen Platz hin öffnen, sollen in diesem 46 Eigentumswohnungen entstehen. Mit spektakulärer Aussicht, wie es heisst. Zwischen dem Hochhaus und dem Kesselhaus soll dann zukünftig ein grosser Platz sein, der zur Begegnung einlädt. Mit seinen mächtigen Zwillingskaminen ist das Kesselhaus der auffälligste Bau der früheren Papierfabrik. Auch dieses soll im Rahmen der ersten Bauetappe umgebaut werden. Im Erdgeschoss sollen dann verschiedene publikumsorientierte Nutzungen mit Zugang zum zentralen Platz entstehen. Die grossen, offenen Räume in den oberen Stöcken sollen gewerblich genutzt werden. Vorstellbar seien Ateliers, ergänzt mit Arbeitsbereichen, oder ein Hotel mit öffentlichem Wellnessbereich. Eine Visualisierung in der Areal-Präsentation zeigt, wie das aussehen könnte: ein Schwimmbad auf dem Dach.

Papieri Areal heute

Dafür werden die alten Fabrikgebäude umgebaut und neue dazugebaut. Bild: Stefan Kaiser (Cham, 8. April 2019)

Doch nirgends wird wohl der Leitspruch des Areals «Leben am Fluss» so wahr werden wie in den drei Hallen der ehemaligen Papiermaschinen. In diesen sind 52 Eigentumswohnungen mit Loftcharakter sowie Gewerberäume im Erdgeschoss geplant. Zugang zum Wasser ermöglicht der neue Lorzensteg, der entlang des gesamten Gebäudes verlaufen wird. Für eine Verbindung zum höher gelegenen Hochhaus und zum Kesselhaus soll eine Freitreppe sorgen. Zwischen dem Kesselhaus und den Hallen der ehemaligen Papiermaschinen soll zudem ebenfalls im Rahmen der ersten der fünf geplanten Bauetappen ein zeilenförmiger Neubau entstehen. In diesem volumenmässig grössten Gebäude entstehen insgesamt 167 Mietwohnungen, 34 davon preisgünstig. Auch die weitgehend autarke Energieversorgung des Areals wird während der ersten Bauetappe sichergestellt. Das eigene Flusskraftwerk wird saniert, Fotovoltaikanlagen auf den Dächern sollen für die Stromversorgung sorgen, die Wärme- und Kälteversorgung wiederum soll durch Erdsonden im Untergrund und die Nutzung des Flusswassers aus der Lorze erfolgen. Eine Energiezentrale soll zudem mittels Wärmepumpen auf nachhaltige Weise das Heizen und Kühlen aller Gebäude gewährleisten. Abgeschlossen soll diese erste Bauetappe Ende 2021/2022 sein.

«Dann kratzt Cham an der 20000-Einwohner-Marke»

Solch ein grosses Bauprojekt hat Auswirkungen, und zwar weit über das Bauareal hinaus. So ist auch für Bauchef Rolf Ineichen klar: «Durch den Zuzug von bis zu 2000 neuen Einwohnerinnen und Einwohnern wird Cham an die 20000-Einwohner-Marke heranwachsen.» Die Gemeinde werde städtischer, und die Bewahrung eines guten sozialen Zusammenhangs werde zu einer wichtigen Aufgabe. «Auch die baulichen Dimensionen werden markant sein, entsprechen jedoch dem Ziel zur Siedlungsentwicklung nach innen», so Ineichen. Da muss auch die In­frastruktur mithalten: «Da sind sicher die Verkehrsfragen und die Schulraumentwicklung zentral», erklärt Ineichen. Auf beiden Gebieten seien bereits die wichtigsten Projekte aufgegleist. Das Schöne sei, dass sich die heutige Industriebrache im Zuge der Arealentwicklung zu einem eigenständigen und äusserst attraktiven Dorfteil mit hohen Aussenraumqualitäten entwickelt. «Und die verschiedenen Zwischennutzungen tragen bereits zu einer Belebung von Cham bei.» Zwischennutzungen sind ein wichtiger Bestandteil von Arealentwicklungen. Sie sorgen dafür, dass auch während der Entwicklungsphase Leben herrscht. In den letzten Jahren haben sich rund 70 unterschiedlichste Zwischennutzer in der Papieri niedergelassen – vom Unternehmensberater über eine Fahrschule bis zum Grafikatelier oder Architekturbüro. «Das Projekt wird Cham in den nächsten 15 bis 20 Jahren entscheidend prägen, sagt Rolf Ineichen. Er freue sich darauf.


Nachgefragt

«Wir sind bewusst schlank aufgestellt»

Andreas Friederich, CEO der Cham Group, beantwortet Fragen zum Grossprojekt auf dem Papieri-Areal.

Andreas Friederich, wie viele Personen arbeiten am Projekt?
Friederich: Die Cham Group ist bewusst schlank aufgestellt. Beim Unternehmen selbst sind 13 Personen angestellt, diese werden von zahlreichen externen Auftragnehmern aus planungs- und baunahen Tätigkeitsgebieten unterstützt.

Nun wurde eine erste Bau­eingabe eingereicht, wann folgen weitere?
Die Etappierung des Areals soll von Süden nach Norden erfolgen. Deshalb hat die Planung mit dem südlichsten Hochhaus begonnen, das direkt an den bestehenden Siedlungskontext anschliesst. Im Zusammenhang mit der ersten Bauetappe werden noch in diesem Jahr weitere Baueingaben folgen.

Wenn das neue Quartier dereinst fertig ist – worauf kann sich die Bevölkerung am meisten freuen?
Auf alles. Auf ein neues lebendiges Quartier, welches dank seiner attraktiven Lage an der Lorze, der Verbindung von umgenutzten Bauten der ehemaligen Papierfabrik mit hochwertiger neuer Architektur und einem attraktiven Nutzungsmix zu einem Ort mit überregionaler Ausstrahlung wird.

Und die Cham Group – gibt es schon Pläne für danach?
Momentan konzentrieren wir uns voll auf das Papieri-Areal.

Andreas Friederich

Andreas Friederich

Früher Leiter des des Bereichs Immobilien und heute CEO der Cham Group .