Frauen legen Geld besser an

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Das Thema «Frauen und Finanzen» ist in der Schweiz und weltweit nicht neu. Frauen sind nach wie vor in vielen gesellschaftlichen Bereichen benachteiligt, aber im Bereich «Anlegen» haben sie die Nase vorn: Studien belegen, dass Frauen die besseren Anlegerinnen sind. Angela Grossenbacher, Geschäftsstellenleiterin in Walchwil, weiss, woran das liegt. Sie gibt im Interview mit Ina Gammerdinger, Beraterin Kommunikation, Tipps zum nachhaltigen und verantwortungsvollen Investieren.

Wie erlebst du Frauen in der Beratung?

Die meisten Frauen scheinen sich nicht gerne mit ihren Finanzen auseinanderzusetzen oder sind unsicher. Das liegt wohl am fehlenden Interesse, aber auch am mangelnden Finanzwissen. Frauen machen sich trotzdem mehr Sorgen um ihre finanzielle Zukunft als Männer. In der Beratung fällt mir auf, dass hingegen geschiedene Frauen (insbesondere mit Kindern) sich intensiv mit ihren Finanzen befassen. Sie verfügen bereits über Fachwissen und sind bereit, ihr Vermögen – auch in der 3. Säule oder das Pensionskassenguthaben – zu investieren.

«Die Finanzkraft von Frauen und ihre damit verbundene wirtschaftliche Einflussnahme steigen. Durch ihre gute Ausbildung erhöht sich langsam, aber kontinuierlich die Anzahl der Frauen in Führungspositionen – entsprechend steigen dadurch auch Einkommen und Vermögen. Ich spüre, dass auch das Interesse an Finanzthemen wächst. Das ist sehr wichtig, vor allem für die Vorsorge.»

Angela Grossenbacher, Leiterin der Geschäftsstelle Walchwil bei der Zuger Kantonalbank

Heisst das, dass viele Frauen die Finanzen dem Partner überlassen?

Genau. Viele Partnerschaften funktionieren nach wie vor nach dem klassischen Modell: Der Mann kümmert sich um die Finanzen, die Frau um Kinder, Haushalt und ihr Teilzeitpensum. Da bleibt oftmals nicht mehr viel Zeit, sich um die eigenen Finanzen zu kümmern, insbesondere nicht um die Vorsorge. Meine Beratungserfahrung deckt sich aber mit den weltweiten Studienergebnissen: Frauen wünschen sich finanzielle Transparenz in der Partnerschaft und möchten sich aktiv zu finanziellen Angelegenheiten austauschen.

Es gibt also noch Hoffnung?

(lacht) Na klar! Wir Frauen müssen einfach aktiver werden und unsere Finanzen selbst in die Hand nehmen. Man darf auch die Finanzkraft von uns Frauen nicht vergessen: Diese steigt und damit auch die damit verbundene wirtschaftliche Einflussnahme. Frauen sind immer besser ausgebildet, machen entsprechend öfter Karriere und verdienen mehr.

Worauf legst du in der Beratung wert?

Frauen wollen nicht unter Druck gesetzt werden – nicht in der Beratung und auch nicht sonst wo. Wir Frauen brauchen mehr Zeit, fragen öfter nach oder holen uns eine Zweitmeinung ein. In der Beratung legen wir Beraterinnen und Berater bei allen Gesprächen viel Wert auf die Bedürfnisanalyse. Wenn ich aber merke, dass meine Kundin unsicher ist, frage ich konkret nach, was unklar ist – ich teile sehr gern mein Finanzwissen und hole die Frau dort ab, wo sie ist. Aber es ist oftmals ein schmaler Grat zwischen erklären, aber nicht belehren. Keine Frau will belehrt werden.

Frauen sind also gründlicher?

In der Regel analysieren Frauen mehr und wägen Chancen und Risiken intensiver ab. Leider trauen sich Frauen noch zu wenig zu. Man erlebt das auch in anderen Bereichen: Beispielsweise in Vorstellungsgesprächen stapeln sie zu tief. Erst wenn sie der Meinung sind, allen Anforderungen gerecht zu werden, bewerben sie sich. Dadurch gehen ihnen viele Karrierechancen durch die Lappen.

Welche Tipps hast du für Frauen?

Das kommt ganz darauf an, in welcher Lebensphase sich die Frau befindet und welche Bedürfnisse sie hat. Zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr verändern sich für viele Frauen die Lebensumstände am stärksten. Durch Familiengründung, Immobilienkauf oder Karriere-Boost verändert sich die Lebenssituation – und damit verbunden oft auch die Vorsorge. Hier gilt es, aktiv zu werden, denn: Die Ertragschancen erhöhen sich, je länger der Anlagehorizont ist. Stichwort: Wertschriftensparen!

«Viele Frauen schätzen ihr Vermögen als geringer ein als es tatsächlich ist. Sie glauben auch, dass Anlageprodukte nur etwas für Reiche sind.»

Angela Grossenbacher, Leiterin der Geschäftsstelle Walchwil bei der Zuger Kantonalbank

Und im Anlagebereich?

Hier gibt’s nur einen Tipp: Beratung. Im Gespräch erarbeiten meine Kundinnen und ich gemeinsam die Anlagestrategie, denn es gibt nicht die eine Anlagelösung. Jede Frau geht mit Risiken anders um. Manche schätzen Sicherheit, andere gehen aufs Ganze. Auch der Anlagehorizont spielt eine Rolle.

Worauf achtest du bei der Anlageberatung?

Bei der Zuger Kantonalbank nehmen wir uns Zeit, unsere Kundinnen und Kunden kennenzulernen. Erst wenn wir alle relevanten Faktoren kennen, kommen wir zu einer Lösung, die nachhaltig ist. Wir besprechen beispielsweise auch die Präferenzen im Bereich «Nachhaltigkeit».

Das bedeutet konkret?

Beim «Verantwortungsvollen Investieren» geht es darum, dass bei Investitionsentscheidungen Chancen und Risiken in den drei ESG-Bereichen berücksichtigt werden. ESG steht für Environment, Social and Governance, also für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.

Investieren Frauen mehr in nachhaltige Anlagen?

Das kann ich nicht umfassend beurteilen, aber ich merke, dass das Interesse an nachhaltigen Anlagen wächst. Die Zuger Kantonalbank verfügt über eine breite Produktpalette in diesem Bereich, weil auch wir als Bank uns unserer Verantwortung bewusst sind.

Dein Schlusswort …

Ich lege allen Frauen ans Herz, sich selbst um ihre finanziellen Angelegenheiten zu kümmern. Wenn Frauen über Finanzwissen verfügen, sind sie sicherer im Umgang mit Geld. Diese Sicherheit führt unweigerlich zur Eigenverantwortung, die den Weg ebnet, um die finanzielle Freiheit und Unabhängigkeit zu erreichen, aber auch zu (be)halten. Kurz gesagt: Frauen, werdet unabhängig, trefft eure Finanzentscheidungen selbst und seid mutig!

 

Frauen sind benachteiligt. Diese Aussage wird durch verschiedene Studien gestützt. In der Bildung beispielsweise ist belegt, dass Frauen finanziell schlechter ausgebildet sind. Mit Mädchen wird anders über Geld gesprochen als mit Jungs. Viele Wissenschaftlerinnen geben auf dem Weg zur Professur auf. Während der Karriere leisten Frauen den Grossteil der unbezahlten Care-Arbeit. Gesellschaftlich widerspiegelt sich das Bild immer wieder: Klaviertasten, Handys und Sitzgurte sind standardmässig für Männer designt. In den Medien wird öfter über Männer berichtet. Auf Wikipedia sind 82 Prozent der Biografien männlich. Und eben auch betreffend Finanzen sind Frauen im Nachteil: Sie sind weniger investiert und eher von Altersarmut betroffen. Das hat auch damit zu tun, dass sie in der Regel länger leben als Männer. In den OECD- Ländern liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt für Frauen bei 83,4 Jahren gegenüber 78,1 Jahren für Männer.

Quelle: Towards Improved Retirement Savings Outcomes for Women, OECD, 2021; Lebenserwartung bei Geburt (Indikator). OECD (2021); Credit Suisse, NBER, Ellexx

 

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Ina Gammerdinger

Ina Gammerdinger

Ina Gammerdinger, Beraterin Kommunikation bei der Zuger Kantonalbank, sorgt dafür, dass wichtige Themen bekannter werden. Im Kampagnen- und Brandmanagement verantwortet sie unter anderem die Themenschwerpunkte «Anlegen» und «Vorsorge». Ihre Kampagnen sollen begeistern und einen Mehrwert für die Bevölkerung im Wirtschaftsraum Zug schaffen. Deswegen bereichert sie mit ihren Tipps regelmässig den #ZugerKBlog.


Kategorien: Geld

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