Zuger Kantonalbank

12. Mai 2021

Ein Haus als Geschenk

Monika Burri

Das eigene Haus oder die Ferienwohnung noch zu Lebzeiten verschenken macht oft aus verschiedenen Gründen Sinn. Doch so einiges muss im Vorfeld beachtet und geregelt werden.

Sie fühlen sich noch fit, auch finan­ziell haben sie keine Sorgen, aber trotzdem: Verena und Hans­Ulrich Hubli* haben Angst, eines Tages pflegebedürftig zu sein und für die Kosten im Heim nicht genügend Einkommen zu haben. «Bekannte von uns mussten ihr Haus verkau­fen, damit sie die Rechnungen be­zahlen konnten», sagt der 62-Jähri­ge. Die Bedenken sind begründet, da sich die Kosten in einem Pflege­heim in der Schweiz oft auf bis zu 10 000 Franken im Monat belaufen können. Das Ehepaar möchte den Nachkommen jedoch möglichst viel vererben und denkt darum darüber nach, seine Immobilien, ein Haus in der Nähe von Zug sowie die Ferien­wohnung in Davos, bald an die Nachkommen zu verschenken.

In der Schweiz erreichen immer mehr Menschen ein hohes Alter. Das führt zu einem starken Zu­wachs an Rentnerinnen und Rent­nern, die Ergänzungsleistungen (EL) beziehen müssen, weil ihre Renten die Heimkosten nicht de­cken. 2019 lebten 71 800 EL-Bezü­gerinnen und ­Bezüger in einem Heim, was 21 Prozent aller Bezüge entspricht – Tendenz steigend.

Auch Schenkungen zählen zum Gesamtvermögen

Die Behörden prüfen beim Antrag auf EL die Einkommens­ und Ver­mögensverhältnisse der Antragstel­lenden sehr genau. Für die Hublis ist wichtig zu wissen, was mit be­reits auf die Kinder übertragenen Immobilien passiert. Eine Richtli­nie macht es nicht ganz so einfach, Immobilien in der Familie behalten zu können. Gemäss Monika Gün­ter, Leiterin Güter­ und Erbrecht bei der Zuger Kantonalbank, rech­nen die Behörden bei der Prüfung des Anspruchs auf Ergänzungsleis­tungen das freiwillig und unentgelt­lich veräusserte Vermögen, wie etwa Schenkungen oder Erbvorbe­züge, zum bestehenden Vermögen hinzu, egal, wann die Übergabe stattgefunden hat. Das kann für die Familie Hubli in zweifacher Hin­sicht Folgen haben. «Zum einen be­steht das Risiko der Eltern, den An­spruch auf Ergänzungsleistungen zu verlieren. Sie müssten somit dir­ekt den Gang zum Sozialamt an­treten», so die Leiterin Güter­ und Erbrecht. Zum anderen wäre es möglich, dass die Kinder der Hublis durch die Schenkung die Schwelle der Verwandtenunterstützungs­pflicht überschreiten würden und somit zumindest zu einem gewis­sen Teil ihre Eltern finanziell unter­stützen müssten. Zwar wurde auch in der Vergangenheit und ohne Erb­vorbezug oder Schenkung eine Unterstützungspflicht geprüft. Dies hängt davon ab, ob die Kinder, wie es im Zivilgesetzbuch steht, «in günstigen Verhältnissen» leben. Was darunter zu verstehen ist, wird im Gesetz jedoch nicht definiert.

«Es besteht das Risiko, den Anspruch auf Ergänzungsleistungen zu verlieren.»

Monika Günter, Leiterin Güter­ und Erbrecht

«Günstige Verhältnisse» werden geprüft

Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts leben Personen in günstigen Verhältnissen, wenn auf­grund der Einkommens­ und Ver­mögenssituation eine wohlhabende Lebensführung möglich ist. Die massgebende Bemessungsgrund­lage ist das steuerbare Einkommen gemäss Bundessteuer zuzüglich Vermögensverzehr. Die Schweize­rische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) hat dazu Richtlinien erlas­sen, unter welchen Voraussetzun­gen die Beitragsfähigkeit der Ver­wandten in auf­ und absteigender Linie, somit der Kinder, geprüft wird, so Monika Günter. Bei einer alleinstehenden Person liegt diese Einkommensgrenze bei 120 000, bei Verheirateten bei 180 000 Franken. Für jedes minderjährige Kind darf 20 000 Franken zuge­schlagen werden. Beim Vermögen belaufen sich die Freibeträge zwi­schen 250 000 für Alleinstehende, 500 000 für Verheiratete und 40 000 Franken pro Kind. «Durch die Schenkung oder einen Erbvor­bezug steigt natürlich das Vermö­gen der Nachkommen», ergänzt die Juristin von der Kantonalbank.

Verschiedene Faktoren klären und miteinberechnen

Wenn sich ältere Menschen für den Erbvorbezug oder die Schenkung entscheiden, dann könne frühzeiti­ges Handeln ein Vorteil sein, weiss Monika Günter. «Zurzeit werden pro Jahr 10 000 Franken vom tat­sächlichen Wert der Schenkung abgezogen.» Ein Beispiel: Verschen­ken die Hublis heute ihre Ferien­wohnung im Wert von 200 000 Franken, so dauert es bis 2042, bis diese Schenkung bei einem Antrag auf Ergänzungsleistungen nicht mehr eingerechnet wird.

Bevor das Ehepaar Hubli nun definitiv die Schenkung vornimmt, organisiert die Bank im Vorfeld nebst der Bestandesaufnahme der Gesamtvermögenswerte eine aktu­elle Schätzung der Immobilien. «So lassen sich im Todesfall der Eltern negative Über­raschungen bei der Verteilung des Erbes eher vermeiden», erklärt Monika Günter. ­

*Name geändert und der Redaktion bekannt.